Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (OLG) hat geklärt, wie hoch das Schmerzensgeld nach einem Befunderhebungsfehler ausfallen kann und nach welchen Kriterien es sich berechnet.
Der Kläger im Urteilsfall machte für seine verstorbene Ehefrau Schmerzensgeld gegen den behandelnden Arzt geltend. Die Patientin war im Herbst 2010 wegen undefinierbarer Schmerzen in einem geschwollenen rechten Oberschenkel in die orthopädische Fachpraxis des Beklagten überwiesen worden. Dort wurde im Oktober nur ein Hämatom diagnostiziert. Erst Ende November veranlasste der Beklagte eine MRT-Untersuchung. Dabei wurde ein Tumor diagnostiziert, der im Dezember reseziert wurde. Nachdem bereits im Februar 2011 eine Metastase gefunden wurde, ließ sich der Krebs nicht mehr eindämmen. Die Patientin starb im August 2012.
Das Landgericht sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld von 30.000 € zu. Das OLG hat den Beklagten in der dagegen eingelegten Berufung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 50.000 € verurteilt. Der Beklagte hafte für die durch sein Fehlverhalten entstandenen Schäden, da er die Erhebung medizinisch gebotener Befunde unterlassen habe. Der Tumor hätte gemäß den Angaben des Sachverständigen bereits Ende Oktober erkannt werden können. Bei einer um einen Monat früheren Diagnose wäre die statistische Prognose der Patientin besser gewesen. Aufgrund des vom Kläger dargestellten Leidenswegs seiner Frau sowie unter Berücksichtigung ihres Alters und ihrer Lebensumstände sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € angemessen.
Hinweis: Verstirbt ein betagterer Patient an einer zu spät erkannten Krebserkrankung, ist für die Bemessung des Schmerzensgeldes einerseits sein Leidensweg maßgeblich – insbesondere die Heftigkeit und Dauer der Schmerzen. Andererseits sind sein Alter und seine familiäre Situation, die Rückschlüsse auf die erlittenen Lebensbeeinträchtigungen zulassen, zu berücksichtigen.