Missglücktes Aktieninvestment
Mit einem „uneingeschränkten Bestätigungsvermerk“ bescheinigt ein Wirtschaftsprüfer, dass gegen die Buchführung, den Jahresabschluss und den Lagebericht eines Unternehmens keine wesentlichen Beanstandungen vorgelegen haben. Ein solches positives Gesamturteil hat einen Privatanleger vor Jahren bewogen, einen Millionenbetrag in Aktien eines Unternehmens zu investieren. Als die Kurse einbrachen, verkaufte er seine Anteile und schrieb Veräußerungsverluste in Millionenhöhe. Das Finanzamt stellte die Minusbeträge als vortragsfähige Verluste (bestandskräftig) fest, so dass sie in den Folgejahren zumindest steuerlich nutzbar waren.
Kurz nach dem Aktienverkauf nahm der Investor aber die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wegen fehlerhafter Bestätigungsvermerke auf Schadenersatz in Anspruch. Die Gesellschaft zahlte ihm 3.000.000 € zur Beendigung des Rechtsstreits. Das Finanzamt beurteilte diesen Vorgang als rückwirkendes Ereignis, das zur Minderung der vortragsfähigen Verluste führt. Es erkannte dem Investor den Verlust in Höhe des Schadenersatzes wieder ab.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die nachträgliche Verlustminderung abgelehnt. Die Schadenersatzzahlung wirke nicht auf den Entstehungszeitpunkt des Veräußerungsverlusts zurück. Die Millionenzahlung hat laut BFH weder den Veräußerungspreis der Aktien erhöht noch deren Anschaffungskosten gemindert und daher den Veräußerungsverlust nicht beeinflusst. Der Schadenersatz beruhte auf einer eigenständigen Rechtsgrundlage (auf einem Vergleich) und hing wirtschaftlich nicht unmittelbar mit der Anschaffung und mit dem Verkauf der Aktien zusammen.
Hinweis: Die steuerlich festgestellten Verluste des Anlegers blieben somit unangetastet und können trotz der Entschädigung zur späteren Verrechnung mit positiven Einkünften genutzt werden, so dass sie ihm unter Umständen eine Steuerersparnis in Millionenhöhe bescheren können. Offen ließ der BFH jedoch, ob die Entschädigung selbst als steuerpflichtige Einnahme anzusetzen war.