Im medizinischen Sektor sind zwei Umsatzsteuerbefreiungen von zentraler Bedeutung:
- Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die bei der Ausübung ärztlicher und arztähnlicher Berufe durchgeführt werden, sind nach den europarechtlichen Vorgaben steuerfrei zu stellen.
- Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder von vergleichbaren anderen anerkannten Einrichtungen bewirkt werden, sind unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls steuerfrei zu belassen. Das gilt auch für medizinische Versorgungszentren, Einrichtungen von Laborärzten und klinischen Chemikern sowie Praxiskliniken.
Dem Bundesfinanzhof (BFH) lag nun der Fall eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik vor, der medizinische Analysen für eine Labor-GmbH angefertigt hatte. Letztere erbrachte Laborleistungen für niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser. Das Finanzamt hatte dem Facharzt die Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin verwehrt. Das dafür erforderliche persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient habe hier nicht vorgelegen.
Der BFH hat das Verfahren ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit dieser Sache betraut. Über das Vorabentscheidungsersuchen soll geklärt werden, ob die europarechtliche Steuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin nur greift, wenn auch die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen erfüllt sind.
Der BFH ist der Ansicht, dass die Leistungen des Facharztes als Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin steuerfrei gestellt werden müssen. Sofern der EuGH diese Steuerbefreiungsvorschrift für anwendbar hält, muss er zudem darüber entscheiden, ob die Befreiung ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt voraussetzt.