Wissenschaftliches Spitzenpersonal wird über eine Vielzahl von Stipendien gefördert. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) veranschaulicht, welche Grundsätze hier gelten.
Im Streitfall hatte die Klägerin nach ihrem Medizinstudium in Libyen eine Weiterbildung zur Fachärztin an einer deutschen Universitätsklinik absolviert. Während dieser Zeit hatte sie einen Gastarztstatus und war mit einer Assistenzärztin vergleichbar. Sie wurde von der Klinik vereinbarungsgemäß nicht entlohnt, sondern erhielt zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten im Rahmen eines Stipendiums monatliche Zahlungen von der Libyschen Botschaft. Das deutsche Finanzamt besteuerte die Leistungen als sonstige Einkünfte, wogegen die Ärztin klagte. In erster Instanz hatte sie Erfolg, da das Finanzgericht (FG) in den Zahlungen keine steuerbaren Einnahmen sah.
Der BFH hat das Urteil jedoch aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Laut BFH können Stipendien oder Studienbeihilfen einkommensteuerbare wiederkehrende Bezüge sein. Dies setzt aber voraus, dass sie
- keiner vorrangigen Einkunftsart (z.B. Arbeitslohn) zuzuordnen sind und
- nicht freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht vom Stipendiengeber gezahlt werden.
Hinweis: Eine solche Freiwilligkeit ist nicht gegeben, wenn den Zahlungen eine wirtschaftliche Gegenleistung des Stipendiaten gegenübersteht.
Im Urteilsfall war zwar weder die Facharztweiterbildung als solche noch die Erwartung, dass die Klägerin nach ihrer Weiterbildung als Fachärztin in Libyen tätig wird, als Gegenleistung anzusehen. Allerdings erfolgt die Facharztweiterbildung in Deutschland grundsätzlich im Rahmen einer vergüteten ärztlichen Berufstätigkeit. Sollten daher die Leistungen aus einem Stipendium an die sich aus der Gastarzttätigkeit ergebenden Verpflichtungen anknüpfen und auch die fehlende Entlohnung ausgleichen, würde sich das Stipendium zumindest auch als Gegenleistung für die Tätigkeit darstellen und wäre dann steuerbar. Dies gilt laut BFH auch, wenn die Tätigkeit nicht dem Stipendiengeber, sondern einem Dritten (der Klinik) zugutekommt. Eine Steuerbefreiung hält der BFH für ausgeschlossen, wenn ein Gastarzt weisungsgebunden zur Ausübung ärztlicher Betätigungen verpflichtet ist.
Hinweis: Für eine abschließende Entscheidung fehlen dem BFH noch Feststellungen zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen der Universitätsklinik und der Klägerin sowie zu den Bedingungen des Stipendiums. Diese muss das FG nun in einem zweiten Rechtsgang nachholen.