Wenn Immobilien des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist angeschafft und wieder verkauft werden, muss der Wertzuwachs grundsätzlich als privater Veräußerungsgewinn versteuert werden.
Die Spekulationsfrist berechnet sich ab dem Tag der Anschaffung der Immobilie. Wird eine Immobilie unentgeltlich erworben (z.B. durch Schenkung), ist für den Fristbeginn das Datum maßgeblich, an dem der Rechtsvorgänger (Schenker) das Objekt erworben hat. Der Rechtsnachfolger (Beschenkte) tritt mit dem Erwerb also in eine bereits laufende Spekulationsfrist ein.
Um einen Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist möglichst „steuerschonend“ abzuwickeln, werden immer wieder verschiedene Gestaltungsmodelle umgesetzt, darunter die Schenkung von Immobilien an die Kinder kurz vor dem Weiterverkauf der Immobilien. Damit der Schenker den anfallenden Veräußerungsgewinn nicht komplett selbst versteuern muss, lagert er die Gewinne auf seine beschenkten Kinder aus. Diese müssen jeweils nur ihren Anteil am Gewinn versteuern und sind womöglich aufgrund ihrer (geringeren oder nicht vorhandenen) übrigen Einkünfte einem geringeren Steuerzugriff ausgesetzt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass das Finanzamt diese „Gewinnverlagerung“ anerkennen muss; sie stellt keinen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch dar. Im Streitfall hatte eine Mutter ihren beiden Kindern ein Grundstück (mit laufender Spekulationsfrist) geschenkt. Noch am selben Tag verkauften die Kinder das Grundstück weiter. Die Verkaufsverhandlungen mit dem Käufer hatte die Mutter geführt. Das Finanzamt nahm einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch an und setzte den entstandenen privaten Veräußerungsgewinn von 97.591 € in voller Höhe im Steuerbescheid der Mutter an.
Der BFH hat jedoch entschieden, dass der Gewinn den Kindern jeweils hälftig zuzurechnen war, da sie das Grundstück veräußert hatten und nicht die Mutter. Für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs war laut BFH kein Raum, weil für den hier vorliegenden Fall einer unentgeltlichen Übertragung bereits eine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift existiert. Das Gesetz sieht vor, dass bei einem unentgeltlichen Erwerb die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger (Schenker) maßgeblich ist. Der Rechtsnachfolger muss also in eine laufende Spekulationsfrist eintreten und beim Verkauf innerhalb dieser Frist einen Gewinn versteuern. Die Vorschrift bezweckt somit, dass die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft durch eine Schenkung nicht umgangen werden kann.