Das Landessozialgericht Bayern (LSG) hat geklärt, wann eine grobe Verletzung der kassenärztlichen Pflichten vorliegt, die die Entziehung der vertragsärztlichen Versorgung rechtfertigt.
Bei dem Augenarzt im Urteilsfall war es wiederholt zu sachlich-rechnerischen Berichtigungen aufgrund von Plausibilitätskontrollen gekommen. Zudem hatte das Ordnungsamt die Durchführung von Operationen und invasiven Eingriffen in den Praxisräumen aufgrund gravierender Hygienemängel untersagt. Gegen den Augenarzt waren darüber hinaus verschiedene Strafverfahren anhängig, unter anderem wegen Abrechnungsbetrugs, Durchführung fehlerhafter ambulanter Kataraktoperationen und fehlerhafter Nachsorge. Schließlich wurde ihm die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzogen.
Der Augenarzt habe über einen langen Zeitraum hinweg in zahlreichen Fällen seine vertragsärztlichen Pflichten grob verletzt, insbesondere die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung. Zudem habe er durch invasive Eingriffe in seinen Praxisräumen seine Patienten einem medizinisch nicht vertretbaren Risiko ausgesetzt. Dies sei ein Verstoß gegen die Pflichten jedes Arztes, Schaden von seinen Patienten abzuwenden. Nach den Aussagen eines Sachverständigen stelle es einen groben, nicht nachvollziehbaren Behandlungsfehler dar, wenn ein Augenarzt eine Operation alleine ohne „sterile Schwester“ bzw. einen Springer vornehme. Das LSG hat dies bestätigt.
Grundsätzlich kann eine Entziehung der Zulassung auf drei voneinander unabhängigen Komplexen beruhen, wobei jeder für sich allein bereits die Zulassungsentziehung rechtfertigt:
- eine unrichtige Abrechnung über viele Quartale hinweg,
- eine Reihe von Strafanzeigen, Ermittlungs- und Strafverfahren im Zusammenhang mit der operativen Tätigkeit, vor allem dem Vorwurf des Operierens ohne Assistenz, sowie
- Hygienemängel im Rahmen der operativen Tätigkeit.
Hinweis: Wiederholt falsche Abrechnungen können eine Zulassungsentziehung rechtfertigen, weil das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung auf Vertrauen aufbaut. Dieses Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Leistungserbringers stellt ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung dar. Die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung wegen grober Verletzung kassenärztlicher Pflichten ist auch nicht deshalb unzulässig, weil dieselben Pflichtverletzungen bereits Gegenstand von Disziplinarmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung waren.