Die Betreuungsleistung nach Nr. 01770 einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) kann auch dann nur von einem Vertragsarzt je Quartal und schwangerer Versicherter abgerechnet werden, wenn mehrere Vertragsärzte die Schwangere betreuen. So hatte das Bundessozialgericht bereits 2015 entschieden. Das Sozialgericht Marburg (SG) präzisierte nun, dass die Feststellung der Schwangerschaft und damit die erstmalige Abrechnung nach objektiven Kriterien der Befundung zu erfolgen habe.
Im Urteilsfall stritt eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) um die Abrechnung der Leistung Nr. 01770 EBM, die für dieselbe Patientin bereits eine zuvor behandelnde Arztpraxis abgerechnet hatte. Die BAG trug vor, Dr. A habe die Patientin ab der Frühgravidität in der 5. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt als behandelnder Gynäkologe betreut; die Frühschwangerschaft sei in der Praxis festgestellt worden. Dr. A sei daher der Hauptbehandler, weshalb die Leistung nicht gekürzt werden könne.
Das SG konnte jedoch nicht feststellen, dass der Vorbehandler die Nr. 01770 EBM zu Unrecht abgerechnet bzw. nicht den entsprechenden Leistungsinhalt vollständig erbracht hatte. Die Kammer ging dabei davon aus, dass aufgrund der Behandlungssituation der Mutterpass nicht zwingend unmittelbar nach Feststellung der Schwangerschaft auszuhändigen ist. Im Urteilsfall hatten weder die Klägerin noch der Vorbehandler dies getan. Insofern bestehe für den Arzt ein Behandlungsspielraum, wann er den Mutterpass aushändige bzw. die Eintragung vornehme, was aus der konkreten Behandlungssituation heraus zu entscheiden sei.
Hinweis: Um die Betreuungsleistung nach Nr. 01770 EBM abrechnen zu können, kommt es also letztendlich nicht auf die Kommunikation des Arztes mit der Patientin an (z.B. die Mitteilung der Schwangerschaft oder gar Aushändigung des Mutterpasses). Entscheidend ist vielmehr die erstmalige vollständige Erbringung des Leistungsinhalts.